„Heute verursacht die Herstellung der Baumaterialien die Hälfte des Energieverbrauchs und der Treibhausgas-Emissionen, die über die gesamte Lebensdauer eines neu gebauten Hauses anfallen. Dass in der Herstellungsphase enorme Potentiale für den Klima- und Ressourcenschutz liegen, wird weitgehend ignoriert – auch im Entwurf des Gebäude-Energie-Gesetzes, der gerade im Bundestag beraten wurde.“ sagt Dr. Ulrich Wischnath, Geschäftsführer des BAUWENDE e. V., und fährt fort: „Noch besteht die Chance, das Gesetz nachzubessern. Die Parlamentarier sollten sie nutzen!“
Nach 40 Jahre ist es Zeit den Blick zu weiten
Seit über 40 Jahren werden die Standards für den Wärmeschutz von Gebäuden und für die Energieeinsparung bei Heizung und Warmwasser Schritt für Schritt nach oben geschraubt. Das war und ist bitter nötig, um Energieverbrauch und Klimaschaden zu vermindern. Inzwischen sind dabei so große Fortschritte gemacht worden, dass der Energieverbrauch in der Nutzungsphase bei einem KfW55-Neubau nur noch etwa die Hälfte des Energieverbrauchs über den Lebenszyklus insgesamt ausmacht. Die andere Hälfte steckt im Wesentlichen in der Herstellung der Baumaterialien. Wird eine am Klima- und Ressourcenschutz orientierte Bauweise gewählt, lassen sich 30-40 % der Herstellenergie und der Treibhausgase einsparen. Wird eine Gutschrift für den im Haus gespeicherten Kohlenstoff einberechnet, lassen sich sogar Emissionsminderungen von 70 – 100 % erzielen. Diese Bauweisen gehen mit einer höchstens geringfügigen und teilweise sogar gar keiner Erhöhung der Baukosten einher. Ein durchaus lohnendes Feld also, um den Energieverbrauch zu reduzieren und Treibhausgase zu vermeiden. Dennoch berücksichtigt auch der vorliegende Entwurf des Gebäude-Energie-Gesetzes wieder nur die Nutzungsphase und schweigt sich zur Herstellungsphase vollständig aus.
Das Werkzeug der Wahl: Ökobilanzen
Der BAUWENDE e. V und das Bauwende-Bündnis haben im laufenden Gesetzgebungsverfahren mehrfach auf die Notwendigkeit einer Berücksichtigung der Herstellungsphase hingewiesen. Ein ökobilanzieller Variantenvergleich könnte im aktuellen GEG ab dem Jahr 2022 vorgeschrieben und die Details per Durchführungsverordnung festgelegt werden. Eine solche Regelung würde für den Bausektor die Klarheit schaffen, dass Ökobilanzen als ganzheitlicher Ansatz der Gebäudebetrachtung für die Zukunft der Bewertung von Gebäuden stehen. So würde ein starker Impuls für mehr Klima- und Ressourcenschutz am Bau ausgesendet.
Last call für ein Graue Energie im GEG
Zur Zeit der ersten Vorgängerin des GEG, nämlich der Wärmeschutzverordnung im Jahr 1977, war es gerechtfertigt sich ausschließlich mit der Nutzungsphase von Gebäuden zu befassen, weil dort die bei weitem größten Einsparungen möglich waren. Dies heute noch zu tun ist unzeitgemäß; denn wer die Herstellungsphase außer Acht lässt, vernachlässigt die Hälfte von Energieverbrauch und Klimaschaden im Lebenszyklus eines Gebäudes. Noch ist es nicht zu spät: Das GEG wird demnächst in den Ausschüssen beraten und es gab im Rahmen der 1. Lesung des Gesetzes am 29.1.2020 fraktionsübergreifende Einigkeit, dass das Gesetz in diesem Prozess noch nachgeschärft werden soll. Wird die Herstellungsphase auch dabei wieder vernachlässigt, bleibt die öffentliche Steuerung des Bauens auf dem einen Auge weiter blind.
Kontakt BAUWENDE e.
V.: Dr. Ulrich Wischnath
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